Deutsch für Einwanderer zu schwierig: DIHK-Vizepräsident fordert Englisch als zweite Amtssprache

Behördendeutsch ist schon für viele Muttersprachler ein Problem. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer untermauert ihre Forderung: Beamte sollten Englisch können. Dort regt sich Unmut.
Köln – Was heißt doch gleich Wohngeldantrag in einer anderen Sprache? Menschen, die nach Deutschland kommen, müssen sofort eine Reihe komplizierter Fachbegriffe kennen. Dabei gibt es eine Sprache, mit der die Kommunikation zumindest am Anfang leichter wäre: Englisch. Angesichts von vielen unbesetzten Stellen forderte Bundesarbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles bereits im November, dass Deutschland bis zu 400.000 Menschen aus dem Ausland brauche – und das jedes Jahr. Für Klaus Olbricht liegt die Lösung auf der Hand: „Führen wir Englisch als zweite Amtssprache ein!“, sagte der Vizepräsident der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) jüngst in einer Rede. Zuerst hatte die Magdeburger „Volksstimme“ berichtet.
Jetzt legt DIHK-Präsident Peter Adrian nach. „Englisch ist die Weltsprache und deshalb kann man damit auch in vielen deutschen Unternehmen erstmal weit kommen. Deshalb wäre es ein starkes Signal, wenn Menschen aus aller Welt bei den ersten Kontakten mit unseren Behörden nicht nur auf Deutsch weiterkommen“, sagte er dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA. „Welcome“ und „Make it in Germany“ dürfe es nicht nur im Internet geben, sondern auch in Einwohnermeldeämtern oder bei der Kfz-Anmeldung.
Neue Amtssprache in Behörden: „Natürlich ist es nicht überall Oxford-Niveau“
Also müsste niemand mehr Deutsch lernen? „Klar ist aber auch, dass wir dann die Erwartung haben sollten, dass Fachkräfte hier schnell Deutsch lernen. Neben Sprachkursen ist gerade über den Berufsalltag beim Deutschlernen dabei ‚training on the job‘ gewährleistet. Denn auf Dauer ist unsere Sprache für eine gute Integration natürlich sehr wichtig“, so Adrian.
Derlei Äußerungen hört man beim Deutschen Beamtenbund (DBB) nicht gern. Dabei würde man die Beamten dringend brauchen, um in den Behörden tatsächlich eine zweite Amtssprache einzuführen. DBB-Präsident Ulrich Silberbach stellt klar: Vielfach werde in den Behörden schon Englisch gesprochen. „Natürlich ist es nicht überall Oxford-Niveau, aber Englisch ist gelebte Verwaltungspraxis“, sagte er der „Bild“. Ulrich Stock, DBB-Landesvorsitzender in Sachsen-Anhalt, findet: Die Forderung geht zu weit. „Allein die Tatsache, alle Verwaltungsakte zwingend in einer zweiten Sprache verfassen zu können, wäre ein bürokratisches Monster mit vielen juristischen Unwägbarkeiten“, sagte Stock.
Englisch in den Verwaltungen: „Wir haben hier ein enormes Defizit“
Bedenken, die DIHK-Vize Klaus Olbricht nur bedingt teilt. „Ich kann nicht abschätzen, wie hoch der Verwaltungsaufwand wäre, wenn wir Englisch als zweite Amtssprache einführen würden. Aber wir müssen uns doch fragen, wie wir das hinbekommen und nicht immer wieder, was alles nicht geht“, sagte Olbricht unserer Redaktion. „In vielen Ländern, zum Beispiel in Skandinavien, gehöre Englisch zum Alltag. „Schweden, Norwegen, Dänemark, aber auch die Niederlande, sind viel weiter als wir. Auch in den Verwaltungen. Wir haben hier ein enormes Defizit“, so Olbricht.
Rein formell ist die Einführung einer zweiten Amtssprache nicht ganz leicht. Denn: Deutsch ist bundesgesetzlich vorgegeben. Wenn sich das ändern soll, müssten Bund und Länder zustimmen. Bisher begrüßte nur die FDP den Vorschlag.