1. meine-anzeigenzeitung
  2. Politik

Jaber A.'s Bruder glaubt nicht an Selbstmord-Version im Gefängnis

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Michael Sapper, Maximilian Kettenbach

Kommentare

Erhängte sich nach offiziellen Angaben in einer Gefängniszelle: Jaber A.
Erhängte sich nach offiziellen Angaben in einer Gefängniszelle: Jaber A. © picture alliance / dpa

Chemnitz - US-Geheimdienst lieferte entscheidende Hinweise zu Jaber A. Der hat Berichten zufolge einen Berliner Flughafen als mutmaßliches Anschlagsziel ausgespäht. Und sein Bruder widerspricht den Behörden. Der News-Ticker.

>>> Ticker aktualisieren <<<

+++ Ein US-Geheimdienst hat einem Medienbericht zufolge einen entscheidenden Hinweis auf den Terrorverdächtigen Jaber A. geliefert, als er ein Telefonat mit einem IS-Mann abhörte.

+++ Der Bruder des Terrorverdächtigen, Alaa al-Bakr, bezweifelte die offizielle Darstellung vom Tod Jaber A.'s. Mehr.

Das war der Freitag

+++ Jaber A. eine Nacht in der Hauptstadt verbracht, berichteten der RBB und die "Berliner Morgenpost" (Samstagsausgabe) unter Berufung auf Sicherheitskreise. Dabei habe er auch eine Kontaktperson getroffen. Er habe den Berliner Flughafen demnach als Anschlagsziel ausgespäht. Mehr.

+++ Nach dem Suizid des syrischen Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in einer Gefängniszelle hat sich der Kriminologe Christian Pfeiffer aus Niedersachsen „entsetzt“ über die Zustände bei Polizei und Justiz in Sachsen geäußert. „Eigentlich wollte er einen Heldentod sterben. So einer ist hochgradig selbstmordgefährdet“, sagte Pfeiffer der in Hannover erscheinenden „Neuen Presse“ (Freitag). Diese Gefährdung hätte klar erkannt werden müssen.

Der junge Mann sei in seinem Vorhaben „erbärmlich gescheitert“, sagte Pfeiffer. Deshalb habe er sich als Versager gefühlt, der ohnehin entschlossen gewesen sei, zu sterben. Al-Bakr hätte in einer Zweierzelle mit einem anderen Untersuchungshäftling untergebracht oder ihn seiner Zelle lückenlos überwacht werden müssen, erklärte Pfeiffer.

+++ Der Selbstmord des Verdächtigen A. Jaber im Gefängnis ist der vorläufige Höhepunkt einer fatalen serie von Fehlern, die den sächsischen Behörden und der Polizei vorgeworfen werden. Wir haben eine Übersicht erstellt.

+++ Sachsens Vize-Ministerpräsident Martin Dulig sieht bei der Justiz des Landes eine Mitschuld für die Selbsttötung des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr. „Es ist offensichtlich zu einer Reihe von Fehleinschätzungen sowohl über die Bedeutung, als auch den Zustand des Gefangenen gekommen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in Dresden.

+++ Nach dem Suizid des Terrorverdächtigen Jaber al-Bakr in der Leipziger Justizvollzugsanstalt hat die Opposition im sächsischen Landtag die Landesregierung zu Konsequenzen aufgefordert. "Justizminister Sebastian Gemkow (CDU) trägt die Verantwortung für dieses Versagen und muss die Konsequenzen dafür tragen", erklärte die rechtspolitische Sprecherin der Grünen-Landtagsfraktion, Katja Meier, am Donnerstag. Ihr Kollege für Innenpolitik, Valentin Lippmann, sprach in der "Huffington Post" von "handfestem Justizversagen". Der Chef der Linksfraktion im Landtag, Rico Gebhardt, nahm Regierungschef Stanislaw Tillich in den Fokus. "Die politische Verantwortung liegt in jedem Fall bei Ministerpräsident Tillich", sagte er der "Huffington Post". Der Suizid al-Bakrs verlängere "die lange Liste offener Fragen zum Fall al-Bakr und zum Handeln der Sicherheitsbehörden". Diese Fragen müssten aufgeklärt werden, "damit Konsequenzen gezogen werden können", sagte Gebhardt.

11.54 Uhr: Die wichtigsten Fragen sind geklärt. Eine kurze Zusammenfassung ist nötig:

Jaber A. brachte sich zwischen 19.30 Uhr und 19.45 Uhr mit einem T-Shirt um. Das bekam er bei der Einlieferung, zerriss es am Mittwoch, um sich daran . Es gab am Montag erhebliche Sprachprobleme, sodass erst am Dienstag eine Psychologin feststellte, dass Jaber A. keine akute Anzeichen zum Suizid zeigt. Auch deshalb entschied sich die JVA gegen eine gesondert gesicherte Haftzelle. Jaber A. zerstörte eine Lampe und eine Steckdose. Die JVA wertete das als Vandalismus und nicht als Anzeichen zum Suizid. Der Terrorverdächtige befand sich im Hungerstreik.

11.51 Uhr: Die Obduktion findet derzeit statt, Fragen dazu kann der Anwalt Fleischmann nicht beantworten.

11.50 Uhr: Rolf Jacob räumt keine großen Fehler ein, man hätte sich jedoch fragen können, ob man bei diesem Gefangenen nicht vorsichtiger hätte sein können und man zu gutgläubig gewesen sei.

11.47 Uhr: Am Freitag hätte ein Dolmetscher kommen sollen, um die beiden Taten (Lampe und Steckdose) zu hinterfragen.

11.44 Uhr: Justizminister Gemkow sagt: Wir vertrauen den Experten-Meinungen und Gutachtern. Ob das künftig auch noch so sein wird oder ob es Psychologen-Konferenzen geben werde, besonders bei Selbstmordattentätern, das überlege sein Ministerium nun. 

11.42 Uhr: Jaber A. hat sich das Hemd zerrissen und sich damit dann umgebracht. Es gebe keine Videoüberwachung, da es gesetzlich verboten ist. Jaber A. hätte sowohl vom Bett als auch Tisch die Lampe erreichen können.

11.34 Uhr: Der Mitbeschuldigte zeigte sich nicht suizidal, aber trotzdem gibt es in der JVA Dresden eine Sitzwache, damit es zu keiner Selbsttötung kommen kann.

11.27 Uhr: Der Generalbundesanwalt ist über die Sache nicht erfreut, er werde sein Verfahren mit dem weiteren Beschuldigten weiter machen. "Es wäre ein sehr schöner Ermittlungsansatz gewesen, wenn Al-Bakr - ich sag es mal unschön - im Ermittlungsverfahren ausgepackt hätte", sagte Fleischmann. Das Land Sachsen ermittelt wegen des Suizid, der Generalbundesanwalt ermittelt künftig wegen des Terrors. Jaber A. ist in Leipzig eingeliefert worden, weil die Staatsanwaltschaft Sachsen den Haftbefehl ausgestellt hatte. Er musste deshalb im Land Sachsen dem Haftrichter vorgeführt werden.

Psychologin: Keine akute Suizid-Gefahr bei Jaber A. erkennbar

11.24 Uhr: Eine Psychologin hat dargelegt, dass der Gefangene sich erkundigt hatte, wie sein Verhalten sich auf das weitere Verfahren auswirken hätte.

11.22 Uhr: Die Lampenzerstörung wurde nicht als Suizid-Handlung gesehen, sondern als Vandalismus, was bei Neuaufnahmen vorkommen kann. Aber nur wenn sie unruhig sind, er war ruhig. Trotzdem habe man das nicht im Zusammenhang gesehen. Auch weil Jaber A. auch als Fremdgefahr gesehen wurde, also eine Gefahr für Beamte darstellte. Oder auch für andere Inhaftierte.

11.20 Uhr: Ein Suizid am Zwischengitter: Das ist der erste Fall in der JVA Leipzig. Am Fenstergitter gab es schon einzelne Fälle. Das aufnehmende Personal sah keine akute Gefahr, um den Täter in eine sichere Zelle einzuweisen. Da seien die Aufnahmebedingungen extrem hoch.

11.17 Uhr: Die Fragerunde ist eröffnet: In der Nacht bei der Einlieferung sah die JVA keine Notwendigkeit, einen Dolmetscher hinzuzuziehen, da am nächsten Morgen ein Gespräch mit der Psychologin geplant war und da ein Dolmetscher hinzugezogen werden sollte. Sie sahen keine Veranlassung schnell zu handeln, obwohl der Ermittlungsrichter Hinweise zum suizidialen Verhalten gegeben hatte. Jaber A. wirkte die ganze Zeit über ruhig und sachlich, sagt Jacob.

11.15 Uhr: Generalstaatsanwalt Klaus Fleischmann spricht nun. Die Staatsanwaltschaft ist mit einem Rechtsmediziner sofort hingefahren. Nun prüft ein Team etwas über Fremd- und Drittverschulden.

11.13 Uhr: Um 19.30 Uhr war die letzte Kontrolle, die Jaber A. noch lebend sah. Um 19.45 Uhr kontrollierte eine junge Beamtin die Zelle und sah den strangulierten Jaber A. Im Anschluss kam es zu Reanimationsversuchen. Leider erfolglos.

11.12 Uhr: Als Jaber A. duschen war, kam es zu einer Haftzellenkontrolle. Dort ist aufgefallen, dass die Steckdose manipuliert wurde. Nachdem kein Strom drauf war, machten sich die Beamten keine Gedanken darüber.

11.10 Uhr: Gegen 17.50 Uhr hat Jaber A. gemeldet, dass die Lampe herunter gefallen sei. Die Bediensteten sahen am Dienstag, dass sie herausgerissen war, mit Dübeln. Sie stellten den Strom für den Raum ab, um eine Gefährdung zu minimieren. In einem Nachgespräch am Mittwoch gingen die Beamten davon aus, dass die Aktion mit der Lampe nur Vandalismus sei. Er wolle demnach nur testen, wie viele Beamte kommen würden, wenn so etwas passiere.

Sprachprobleme bei der Einlieferung des Chemnitz Terroristen

11.07 Uhr: Die Nacht verlief ruhig, am nächsten Tag war ein Dolmetscher da. Er sprach mit seinem Pflichtverteidiger und einer Psychologin. Jaber A. trat in einen Hungerstreik. Im Raum war ein Wasseranschluss vorhanden. Nach dem ausführlichen Gespräch hat die Psychologin keine akute Suizid-Gefahr festgestellt. Um 14.00 Uhr wurde dann beschlossen, dass er nur noch alle 30 Minuten kontrolliert wird. 

11.07 Uhr: Es gab 15-minütigen Kontrollen, er war nicht in einer Zelle untergebracht, die einen Suizid nahezu unmöglich macht (Kachelfließen und nur eine französische Toilette). Es gab aber keine Hinweise auf eine akute Gefährdung, weil er sich ruhig verhalten hatte. 

11.04 Uhr: Der Haftrichter hat von einem hohen Risiko der Selbsttötung gesprochen. JVA-Chef Rolf Jacob sagt, dass Jaber A. der deutschen Sprache nicht mächtig war. Das war ein Problem, um über seinen psychischen Zustand zu urteilen.

11.03 Uhr: Um 19.05 Uhr bei einem Kontrollbesuch wurde Jaber A. aufgefunden. Er hatte sich mit einem T-Shirt am Vorgitter stranguliert. Die Gerichtsmediziner haben ein Fremdverschulden ausgeschlossen. Um 20.15 Uhr wurde dann offiziell der Tod festgestellt.

11.01 Uhr: Der Justizminister Sebastian Gemkow sagt: Der Terrorverdächtiger Jaber A. hat sich selbst das Leben genommen. Das hätte nicht passieren dürfen, es ist aber leider geschehen. Obwohl wir nach dem jetzigen Stand alles mögliche getan haben, das zu verhindern. Die Prognosen haben sich nicht bestätigt, sodass es zu diesem Ereignis gekommen ist.

Jaber A. wurde am Mittwoch um 15.35 Uhr eingeliefert. Es wurden Gespräche geführt, aber ein psychologisches Gutachten hat keine akute Suizid-Gefahr erkannt.

11.00 Uhr: Die Pressekonferenz beginnt.

+++ Jaber A. hielt die Polizei tagelang in Atem, am Mittwoch brachte sich der junge Syrer in seiner Gefängniszelle um. Politiker kritisierten die Behörden in Sachsen scharf. In der Staatskanzlei wollen die Behörden am Donnerstag um 11.00 Uhr auf einer Pressekonferenz Antworten geben. Alle bisherigen Ereignissen können Sie in unserem News-Blog der vergangenen Tage nachlesen.

Terrorverdacht in Chemnitz: Was bisher geschah

Am Samstag hat die Polizei in Chemnitz einen Anti-Terror-Einsatz durchgeführt. In einer Wohnung hat sie dabei mehrere Hundert Gramm hochexplosiven Sprengstoff gefunden, der vor Ort kontrolliert gesprengt wurde. Der Tatverdächtige Jaber A. soll einen Anschlag auf einen Berliner Flughafen geplant haben und floh trotz Großaufgebot und Warnschüssen. Drei Landsmänner lieferten den Syrer am Montag der Polizei aus. Am Mittwoch brachte sich Jaber A. in seiner Gefängniszelle um.

sap/dpa/AFP

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion