Gesetzlich versichert, trotzdem als Privatpatient behandelt – Sie sollten die Lücken kennen
Gesetzlich versichert, aber wie ein Privatpatient behandelt werden? Möglich – durch das Kostenerstattungsverfahren der gesetzlichen Krankenkassen.
In Deutschland besteht die Pflicht, krankenversichert zu sein. Dabei ist der Regelfall für Arbeitnehmer die Krankenversicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse. Verdient ein Arbeitnehmer jährlich mindestens 64.350 Euro (Stand 2022), kann er eine Versicherung in einer privaten Krankenversicherung wählen.
Unterschied privat und gesetzlich versichert
Bei Privatversicherten kann der behandelnde Arzt regelmäßig ein höheres Honorar verlangen, da er nicht an die mit den gesetzlichen Krankenkassen ausgehandelten Beträge gebunden ist, sondern auf eine für Ärzte bestehende Gebührenordnung (GÖA) zurückgreifen kann.

Kostenerstattung kann bei der gesetzlichen Krankenversicherung gewählt werden
Doch auch gesetzlich krankenversichert ist, kann man bei einem Arzttermin als Privatpatient behandelt werden. Hierzu gibt man diesen Status bei der Terminvergabe an. Man ist dann natürlich verpflichtet, auch das höhere Honorar des Arztes bezahlen zu müssen. Daran kann man die gesetzliche Krankenversicherung aber beteiligen, sofern man vorher das Prinzip Kostenerstattung mit seiner Krankenkasse vereinbart hat.
Erstattungslücken sind bei der Kostenerstattung möglich
Die Krankenkasse erstattet aber nur den Betrag, der zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen gehört. Der Leistungsbetrag ist im „Einheitlichen Bewertungsmaßstab“ niedergelegt und kann im Internet gefunden werden. Da die gesetzlichen Krankenkassen hier nur geringere Beträge leisten müssen, als ein Arzt nach der GOÄ berechnen darf, kommt es zu Erstattungslücken, die der Versicherte selbst tragen muss.
Nach einer Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts für Gesundheitsökonomie und Gesundheitssystemforschung ist der Betrag, den der Arzt nach der GOÄ in Rechnung stellen kann, durchschnittlich um das 2,3-fache höher als der Betrag, den die Krankenkasse erstattet.
Beispielsweise kann ein Hausarzt bei einem ärztlichen Gespräch nach der GOÄ 58,99 Euro in Rechnung stellen, während die Krankenkassen für die Kostenerstattung hier nur ein Betrag von 34,63 Euro ansetzen. Eine beispielhafte Untersuchung eines 50-jährigen Mannes mit Beschwerden im Oberbauch führt zu einem Erstattungsbetrag von 46,48 Euro durch die Krankenkasse, während nach der GOÄ ein Betrag von 149,24 Euro vom Arzt berechnet werden kann.
Erstattungslücken können aber versichert werden
Da der Trend, der eigenen Gesundheit einen großen, auch finanziellen Spielraum einzuräumen, bei Versicherungsgesellschaften erkannt wurde, gibt es mittlerweile einige Anbieter, bei denen die Erstattungslücke versichert werden kann (z.B. ARAG, Tarif 182).
So bekommen Sie das Geld zurück: Das Verfahren der Kostenerstattung
Wer das Kostenerstattungsverfahrens anwenden möchte, muss dies zuvor gegenüber der Krankenkasse erklärt haben. Mit der Wahl dieses Tarifs ist der Versicherungsnehmer für mindestens drei Monate an diese Abrechnungsform gebunden. Die Wahl der Kostenerstattung kann für alle Leistungen oder für eine oder mehrere der folgenden Leistungsbereiche erfolgen:
- Ambulante ärztliche Versorgung mit psychotherapeutischer Behandlung
- Ambulante zahnärztliche Versorgung mit kieferorthopädischer Behandlung und Zahnersatz
- Stationäre Versorgung
- Arzneimittel oder Heilmittel
Nach der Behandlung wird die private Rechnung zur Kostenerstattung bei der Krankenkasse eingereicht. Vom Erstattungsbetrag darf die Krankenkassen noch bis zu 5 Prozent des Erstattungsbetrages für die Bearbeitung der Rechnungserstattung einbehalten.
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Vor der Entscheidung für das Kostenerstattungsverfahren beraten lassen
Sascha Straub von der Verbraucherzentrale Bayern rät, sich vor einer Entscheidung für die Kostenerstattung gründlich von seiner Krankenkasse beraten zu lassen. Auch stünden die Krankenversicherungsexperten der Verbraucherzentralen gerne beratend zur Seite.