„Löwen trennen sich von Michael Köllner“, stand in der Mitteilung, die Gorenzel um 9.57 Uhr verschicken ließ. Er selbst werde zusammen mit Co-Trainer Stefan Reisinger „interimistisch“ einspringen. Die Begründung für den Schritt, der am Ende keine Überraschung mehr war: „Der anhaltende sportliche Negativtrend mit vier Punkten aus den letzten sieben Pflichtspielen entspricht (...) nicht dem Anspruch und der Erwartungshaltung des TSV 1860, insbesondere mit Blick auf das Potenzial, das in den Spielern und in der Mannschaft steckt.“ Darum habe sich die Geschäftsführung „schweren Herzens“ entschieden, Köllner freizustellen. Wörtlich lässt sich Gorenzel so zitieren: „Muster, die bereits vor der zweimonatigen Winterpause zu erkennen waren, treten immer wieder zum Vorschein.“ Und noch deutlicher: Nicht nur das Saisonziel sei „akut in Gefahr“. Sondern, so sieht er das: Eine Negativspirale müsse gestoppt werden. Auf Nachfrage betonte Gorenzel, den Aufstieg bewusst ausklammernd: „Es geht darum, uns sportlich zu stabilisieren, und um nichts anderes.“
Ich muss in die Köpfe der Spieler kommen. Aus meiner Sicht ist es primär eine psychologische Geschichte.
Nachdem Gorenzel das unangenehme Gespräch mit Köllner geführt hatte, erhielt der Entlassene die Chance, sich von der Mannschaft zu verabschieden. Die war durch die sozialen Medien des Vereins bereits vorinformiert. „Größter Respekt und Anerkennung für die letzten Jahre – und wie er auch in den letzten Wochen damit umgegangen ist“, rief Gorenzel dem scheidenden Trainer hinterher: „Köllner hat tiefe Spuren hinterlassen. Ihm gebührt mein tiefster Dank. Er hat sein Herzblut in den Verein gesteckt.“ Um kurz nach 10 Uhr stieg Köllner in seinen Dienstwagen und fuhr vom Hof. Kurz darauf übernahm das Übergangs-Trainerduo Gorenzel/Reisinger.
Kurze Ansprache in der Kabine, Lauf in den Isarauen. Gorenzels Erstdiagnose zur sportlichen Krise: „Ich muss in die Köpfe der Spieler kommen. Aus meiner Sicht ist es primär eine psychologische Geschichte.“ Am Sonntag in Oldenburg wird er nach Lage der Dinge zusammen mit Reisinger (macht gerade in Köln den Fußballlehrer) an der Seitenlinie stehen. Für die Zeit danach sucht der Sportchef eine „Dauerlösung“, die aber noch nicht spruchreif sei.
Gorenzels Problem: Für eine große Trainerlösung fehlt ihm das Geld. Wie so oft stehen sich beide Gesellschafter bei der Zukunftsplanung im Weg. Ein eleganter Weg, um den Sportetat zu erhöhen, wäre die Vertragsverlängerung mit Hauptsponsor „Die Bayerische“. Das Angebot der Versicherung steht, soll aber auf wenig Gegenliebe bei der HAM-Seite stoßen. Bis sich beide Parteien einig werden, können Tage vergehen. Auch deshalb, so Gorenzel, stellt er sich darauf ein, seine Doppelfunktion auf unbestimmte Zeit ausüben zu müssen.
„Es wird eine brutale Aufgabe“, sagte Gorenzel und betonte vorsorglich: „Meine Lebensplanung war und ist es sicherlich nicht, die nächsten Jahre an der Linie zu verbringen.“ Nicht, dass am Ende noch jemand Gefallen an der Billigstlösung findet.