Kommentar zum TSV 1860: Auch ohne Aufstieg viele Gewinner

Der TSV 1860 darf am 38. Spieltag der 3. Liga noch auf den Aufstieg hoffen. Insgesamt ist die Saison schon vor dem letzten Spiel ein Erfolg. Ein Kommentar von Uli Kellner.
Volle Ränge, volle Tresen. Ohne Corona wäre Giesing an diesem Samstag ein Fußball-Hotspot. Aber auch so wird das Geister-Heimspiel gegen Ingolstadt eine in jeder Hinsicht denkwürdige 1860-Saison krönen. Ein Ergebnis steht schon vor dem Relegations-Showdown fest: Die Löwen können stolz auf sich sein!
TSV 1860: Bierofka sorgt für tauglichen Kader
Zur Erinnerung: Im Transfersommer 2019 war lange unsicher, ob das Geld reicht, um einen zweiten Innenverteidiger zu kaufen. Spät kamen die Vollgasprofis Tim Rieder und Aaron Berzel, für die Daniel Bierofka hart gekämpft hat. Seiner Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass 1860 doch noch einen tauglichen Kader bekam, doch irgendwo in dieser Phase, zwischen Bettelbesuchen bei Gönnern und internen Grabenkämpfen, rieb sich der Herzblutlöwe auf. Ausgebrannt flüchtete er – und musste zusehen, wie sein Verein auf Knopfdruck einen Nachfolger aus dem Ärmel zog.
Michael Köllner kam, löste das denkbar schwerste Auftaktprogramm (Bayern II, Haching) – und hörte einfach nicht mehr auf, Siege und Unentschieden aneinanderzureihen. Parallel dazu brachte er der Mannschaft taktische Flexibilität bei und manch ansehnlichen Spielzug. Der Fußball, den das Team um Rieder, Berzel, Mölders jetzt spielt, würde den Fans Freude bereiten – wenn sie denn ins Stadion dürften.
TSV 1860: Einigung der Gesellschafter macht Hoffnung
Als Geisterlöwen erschreck(t)en die Blauen zwar nicht mehr jeden Gegner, doch die Stehauf-Mentalität der Bierofka/Köllner-Mannschaft ist beachtlich. Bis auf Platz drei kletterte der vermeintliche Abstiegskandidat, und dass es im Juni die ersten Köllner-Pleiten setzte, hatte auch nichtsportliche Gründe. Rückfall in alte Muster: lähmender Gesellschafterstreit, ausgetragen auf dem Rücken von Trainer, Mannschaft und Sportchef. Beinahe wäre auch dieser Planungssommer verschlafen worden – und Köllner ein weiterer Anwärter für den Titel: frustrierter Ex-Löwen-Trainer.
Zum Glück für 1860 riss der Verein das Ruder rum, politisch (Rettungspaket) und auch sportlich. Dass der TSV im Saison-Finish etwas erreichen kann, ist selten. Jüngere Fans kennen das nur aus dem Regionalliga-Aufstiegssommer 2017; häufiger war in den Jahren zuvor Zittern bis zum letzten Spieltag angesagt.
Relegationsfinale, Einigung der Gesellschafter, die es ohne Corona vielleicht nie gegeben hätte – darauf lässt sich aufbauen. Und dann vielleicht 2021 zum Sprung in die 2. Liga ansetzen. Wenn es in diesem Juli nicht doch noch ein blaues Wunder gibt.