Kommentar zur Löwen-Krise: Die Mannschaft ein Abbild des Vereins – schlimmer war‘s nur 2017

Der TSV 1860 steckt in der Krise. Die Mannschaft ist dabei nur ein Spiegelbild des gesamten Vereins. Ein Kommentar von Löwen-Reporter Uli Kellner.
München – Der gestrige Sonntag in Liga 3: Wiesbaden musste in Bayreuth ran – eine Partie, die man auch beim TSV 1860 mit Interesse verfolgte. Neu ist der Blickwinkel. Die ersten Fans schauen nicht mehr, was Wehen macht, sondern runter zu Bayreuth ans Tabellenende. Robert Reisinger war der erste hochrangige Löwe, der die neue Realität in Worte fasste. Der Präsident sieht es so: 1860 ist kein Aufstiegskandidat mehr, sondern ein Club, der aufpassen muss, dass er nicht aus Versehen absteigt.
Das gab es sogar bei 1860 selten, dass ein Saisonziel nach 22 Runden kassiert wurde. Optimisten würden sagen: Sind doch noch 16 Spiele und nur fünf Punkte auf den Relegationsplatz. Realisten wie Reisinger sehen eher die Gesamtentwicklung: Nur eines der letzten neun Spiele gewonnen. In Oldenburg einen 2:0-Vorsprung verspielt, in Meppen bei einem Krisenclub verloren, der seinen letzten Sieg im August feierte. Eine sportliche Talfahrt, die kaum in Worte zu fassen ist. Und besonders bitter: Ob Michael Köllner draußen steht oder Günther Gorenzel – völlig egal. Das Team, für das die Löwen im Sommer bewundert wurden – es ist eine traurige Ansammlung von Profis, die erst die Form, dann den Glauben und inzwischen jeglichen Halt verloren haben.
TSV 1860: Schlimmer war‘s nur 2017
Kann man ihnen einen Vorwurf machen? Jein. Klar: Alle hätten kämpfen können wie Deichmann, den Gorenzel in Meppen erst nach der Pause brachte (warum eigentlich?). Aber: Dass die Löwen inzwischen nicht mal mehr die Basics hinkriegen, ist die logische Folge dessen, was ihnen vorgelebt wird. Von einem Verein, bei dem in der gegenwärtigen Konstellation kein Erfolg gedeihen kann. Zwei Amateur-Gesellschafter, die vor allem ihre politischen Machtkämpfe im Blick haben. Stützt die eine Seite den Trainer, sägt die andere an ihm herum. Will die eine Seite den Sportchef stürzen, hält die andere erst recht an ihm fest. Geschäftsführer, die alleine nichts entscheiden können. So werden wichtige Weichenstellungen verschleppt, blockiert – und am Ende massiv erschwert, weil die besten Männer der Branche lieber arbeitslos bleiben, als sich bei 1860 ihren Ruf ruinieren zu lassen.
Schlimmer als momentan war’s nur im Horrorjahr 2017. Wo das damals endete, sollten sich alle noch mal in Erinnerung rufen. Die Löwen-Mannschaft 2023 – Spiegelbild eines Vereins, der im Begriff ist, sich abzuschaffen. Zumindest als ernst zu nehmender Profiverein. (ulk)