Sao Paulo - Im tz-Interview erklärt Sebastian Vettel, was ihn eigentlich noch antreibt. Zudem erklärt er, ob für ihn ein Team-Wechsel in Frage kommt.
Sie sind jetzt schon zum zweiten Mal Weltmeister geworden! Wie können Sie sich jetzt noch motivieren?
Vettel: Weil ich es ja vielleicht auch acht Mal schaffen kann. Für mich ist der WM-Titel der schwierigste Berg der Welt. Deshalb geben mir andere Berge vermutlich nicht mehr die gleiche Zufriedenheit, und deshalb versuche ich es einfach noch mal und noch mal und noch mal, ihn zu besteigen. Das ist wie eine Sucht. Ich will immer wieder die Aussicht von ganz oben genießen.
Was war anders in dieser Saison?
Vettel: Dieses Jahr war grundsätzlich total anders als das letzte. Von Anfang an hat alles sehr gut funktioniert. Letztes Jahr war ich zwar auch oft in der Position, um zu siegen. Trotzdem hat es aus irgendwelchen Gründen oft nicht gereicht. Obwohl das Auto mindestens so stark war. Was dieses Jahr den Unterschied gemacht hat: Dass wir alle reifer geworden sind. Und auch wenn hier oder da das Boot mal angefangen hat zu wackeln, haben wir es doch immer auf Kurs gehalten.
Sebastian Vettel - Seine außergewöhnliche Karriere in Bildern
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Ärgert es Sie, wenn Kritiker sagen, Sie gewinnen nur, weil Sie im besten Auto sitzen?
Vettel: Nein,denn auch um das beste Auto zu haben, muss man sehr hart arbeiten. Ich habe ja mit dafür gesorgt, dass unser Auto das beste ist. Die Schwachstellen des Autos, des Teams und des Fahrers haben wir abgestellt. Gemeinsam.
Was war in diesem Jahr Ihr wertvollster Sieg?
Vettel: Monza war etwas ganz Besonderes für uns. Wir wussten, dass wir nicht gerade die meiste Power haben und auch in der Vergangenheit nicht gerade das effizienteste Auto, was den Mix aus langen Geraden und Schikanen angeht. Deshalb war der Sieg dort für uns alle sehr emotional und für mich noch viel mehr, weil ich dort ja auch meinen ersten Erfolg geholt habe.
Wann wussten Sie, dass Sie den Titel verteidigen können?
Vettel: Wir hatten schon bei den Tests ein gutes Bauchgefühl, wussten aber nicht, wie genau sich die Rennen mit den neuen Reifen gestalten. Als ich dann in Australien so überlegen gewonnen habe, war klar, dass wir vorne mitfahren können. Wichtig war natürlich auch, dass unser Auto so zuverlässig war. Das sind viele kleine Bausteine, die zum Erfolg beitragen und die bestimmen, ob man nur ein Haus baut oder eben ein Schloss.
Jetzt haben Sie dieses Jahr ein Schloss gebaut. Was kann da noch kommen?
Vettel: Auch in diesem Jahr hatten wir kleinere Probleme, die man vielleicht im Fernsehen nicht so sieht. Da können wir uns noch verbessern.
Und wo haben Sie sich als Fahrer verbessert?
Vettel: Mir hat das letzte Jahr sehr viel gebracht. In gewissen Situationen habe ich jetzt die Ruhe und Gelassenheit, die man braucht. Das darf man aber nicht falsch verstehen. Ich denke nicht: Das ist ja alles einfach und das kann ich sowieso. Aber wenn man einen Titel geholt hat, weiß man einfach: Ich kann es. Und man weiß, wie man mit bestimmten Situationen umgehen muss. Trotzdem glaube ich auch heute, ich kann mich noch verbessern.
Perfektionismus ist für Sie wichtig. Aber Sie sehen sich selbst nicht als perfekt an?
Vettel: Ich stehe morgens nicht auf und denke: „Was bin ich für ein toller Kerl! Guckt mal, was ich kann und was ich geleistet habe.“ Das wäre auch kontraproduktiv. Man darf nie den Punkt erreichen, an dem man sagt: Ich bin perfekt. Das ist zwar ein Zustand, den ich anstrebe. Aber nur weil ich nun schon zweimal gewonnen habe, darf ich nie vergessen, was man alles dafür tun muss, damit man auch weiter gewinnt.
Viele Leute wollen Sie gerne bei Ferrari oder Mercedes fahren sehen. Zuletzt spielen Sie aber immer öfter die Red-Bull-Karte. Hat sich da Ihre Einstellung geändert?
Vettel: Ich habe immer schon die Red-Bull-Karte gespielt. Aber manchmal ist es auch die Frage, welche Karten man hingelegt bekommt. Wenn ich nur die Mercedes- und Ferrari-Karte auf den Tisch bekomme, kann ich nur dazu was sagen. Wenn ich freie Wahl zwischen allen Karten habe, sage ich ganz ehrlich, für welche Karte ich mich interessiere. Im Moment fühle ich mich jedenfalls pudelwohl bei Red Bull und kann, nein möchte mir gar nicht vorstellen, woanders zu fahren. Zwischen uns passt einfach alles. Und wenn wir noch ein paar Rennen und Meisterschaften gewinnen, wird Red Bull ja auch schon eine Art Mythos.
Auf einer Zufriedensheits-skala von eins bis zehn. Wie glücklich sind Sie?
Vettel: Zehn! Ich habe für mich bei Red Bull den richtigen Weg gefunden. Erfolg heißt nicht immer, dass man glücklich ist. In diesem Team habe ich Erfolg und bin glücklich.
rb
Wer und was ist Red Bull? Und ist wirklich Stierhoden-Extrakt drin?
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