Die österreichische Finanzprokuratur, die die rechtlichen Interessen des Staates vor Gericht vertritt, hat stets betont, alles sei richtig gemacht worden. Bei der Debatte über Fehler der Behörden spielt auch der Hinweis eine Rolle, dass das Wissen über das Virus am Beginn der ersten europaweiten Welle lange nicht so gründlich war wie heute. Das lässt Kolba nicht gelten. „Unser stärkstes Argument ist, dass man eine Woche früher den Skibetrieb hätte schließen müssen“, sagt er mit Verweis auf damals erste Infektionsfälle unter Ischgl-Touristen Anfang März.
Ischgls Partyszene, seine vielen Après-Skibars, das von Alkohol enthemmte Feiern - diese Bilder spiegeln nur einen Teil des Skiorts wider. Aber sie trugen dazu bei, dass Ischgl zeitweise als Synonym für ein Verdrängen von Corona-Gefahren galt. Der Ort und die Landesregierung haben die Konsequenzen daraus gezogen. Ein Feiern wie früher werde es in diesen Zeiten nicht mehr geben, hieß es mehrfach. In der kommenden Wintersaison sollen nach den Plänen von Tourismusministerin Elisabeth Köstinger strenge Zugangsregeln speziell beim Après-Ski gelten.
Davon hat Dörte Sittig aus der Nähe von Köln wenig. Ihr Lebensgefährte starb nach einem Ischgl-Urlaub mit 52 Jahren an Corona. Vor ihrem eigenen Gerichtstermin will sie am Freitag den ersten Prozess mitverfolgen. Dem Kölner Express sagte sie einmal: „Die haben meinen Mann ins Messer laufen lassen.“ Der Betrieb im Ort sei von den Behörden nicht rechtzeitig geschlossen worden. Viele andere Gemeinden hätten dagegen reagiert.
Ohne den Corona-Hotspot Ischgl wäre Deutschland wohl deutlich problemloser* durch die Pandemie gekommen. Der Einfluss der Superspreader-Location auf die Infektionswelle in Deutschland haben Forschende im Juni 2020 untersucht.
In Österreich läuft das Impfen im September im Schnecken-Tempo. Die Corona-Fallzahlen steigen. Die Regierung hat die Ungeimpften im Visier - vor allem beim Après-Ski*.(dpa) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA