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Nach bahnbrechender OP: Mann mit transplantiertem Schweineherz verstorben

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Von: Lukas Zigo, Nadja Austel, Jan Trieselmann

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In den USA transplantieren Ärzte einem Todkranken ein Schweineherz. Der Körper schien das Organ anzunehmen. Nun ist der Patient verstorben.

Update vom Mittwoch, 09.03.2022: Zwei Monate nach der weltweit ersten erfolgreichen Schweineherz-Transplantation ist der Patient in den USA gestorben. Im vergangenen Monat war sein Gesundheitszustand noch stabil (siehe Update vom 09.02.2022) und gab Anlass zur Freude. Der Zustand des 57-jährigen David Bennett habe sich in den vergangenen Tagen zunehmend verschlechtert, teilte das Universitätsklinikum Maryland in der Stadt Baltimore mit. Er sei schließlich am Dienstag (07.03.2022) gestorben.

„Nachdem klar wurde, dass er sich nicht erholen würde, wurde er palliativmedizinisch behandelt“, erklärte die Klinik. „Er konnte in den letzten Stunden seines Lebens mit seiner Familie kommunizieren.“ Dem schwerkranken Bennett war im Januar das Herz eines genveränderten Schweins eingesetzt worden. Die erste Transplantation dieser Art wurde international als medizinische Sensation gefeiert und weckte Hoffnungen für Patienten und Patientinnen, die auf Spenderherzen warten.

Patient mit transplantiertem Schweineherz
Ärzte operieren an einem Schweineherz, das in einen menschlichen Patienten eingesetzt wird. © Tom Jemski/University of Maryland School of Medicine/dpa

Nach bahnbrechender OP: Mann lebt mit transplantiertem Schweineherz

Update vom Mittwoch, 09.02.2022, 16.07 Uhr: Nachdem ihm im Januar erfolgreich ein Schweineherz transplantiert wurde, gibt es Neuigkeiten zu dem herzkranken 57-jährigen David Bennett in den USA*: Laut Informationen der Universität Maryland in Baltimore von Sonntagmorgen (06.02.2022) deutscher Zeit geht es ihm auch einen Monat später gut. Aktuell gibt es keine Anzeichen, dass Bennetts Körper das Schweineherz abstößt, erklärt das „University of Maryland Medical Center“. Der 57-Jährige sei wach und ansprechbar. Auch frage Bennett das Pflegeteam, wann er nach Hause könne.

Bis dahin wird es allerdings noch einige Zeit dauern: Der US-Amerikaner steht den gesamten Tag über in der Klinik unter Beobachtung. Sollte sein Körper das Schweineherz doch nicht länger akzeptieren, sei das die größte Gefahr für Bennetts Leben, erklärt Joachim Denner, Transplantations-Experte von der Freien Universität Berlin. „Das Immunsystem braucht ja eine gewisse Zeit, ehe es eine Immunantwort aufbaut. Im Moment werden erst die Antikörper und Immunzellen gebildet, die in der Lage wären, das Organ abzustoßen“, sagt Denner. So oder so bezeichnet der Experte Bennetts Überlebenszeit als „Riesenerfolg für die Xenotransplantation“ – die Übertragung von Zellen und Organen innerhalb verschiedener Spezies.

Schweineherz-Transplantation in den USA: Wann gibt es solche Operationen in Deutschland?

Die Grundlage für ähnliche Operationen wie die Schweineherz-Transplantation in den USA gibt es auch in Deutschland, erklärt Denner. Wann es eine solche aber erstmals geben könnte, ist unklar. Auch Herzchirurg und Xenotransplantations-Experte Bruno Reichart von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LUM) mahnt gegenüber dem Deutschlandfunk vor übersteigerten Erwartungen. Denn die Operation in den USA habe unter besonderen Bedingungen stattgefunden.

Reichart nennt vor allem den Fakt, dass eine US-amerikanische Firma das genetisch an den Menschen angepasste Schweineherz für die Operation bereitgestellt habe – samt eines Sponsorings in Millionenhöhe. Hinzu kommt, dass das Spender-Schwein in den USA geklont gewesen sei, was ein aufwendiger Prozess ist. Daher könne nun „nicht jeder sagen, ich möchte jetzt ein Schweineherz haben“, sagt Reichart.

Bahnbrechende Operation: Ärzte in den USA transplantieren Patient Schweineherz

Erstmeldung vom Dienstag, 11.01.2022, 15.12 Uhr: Washington – In den USA ist es einem Ärzteteam nach eigenen Angaben erstmals gelungen, einem Patienten erfolgreich das Herz eines genveränderten Schweins eingesetzt. Drei Tage nach der Transplantation gehe es dem 57-jährigen Patienten gut, erklärte die medizinische Fakultät der Universität des Bundesstaates Maryland am Montag (10.01.2022). „Diese Organtransplantation hat erstmals gezeigt, dass das Herz eines gentechnisch veränderten Tieres ohne sofortige Abstoßung durch den Körper wie ein menschliches Herz funktionieren kann.“

„Das war eine bahnbrechende Operation, die uns einen Schritt näher bringt, die Krise des Organmangels zu lösen*“, erklärte der Chirurg Bartley Griffiith, der das Schweinenerz eingesetzt hatte. „Wir wollen vorsichtig vorangehen. Aber wir sind auch optimistisch, dass diese weltweit erste Operation Patienten künftig eine wichtige neue Option geben wird.“

Patient: „Ich hatte die Wahl zu sterben, oder diese Transplantation vorzunehmen“

Angaben des Ärzteteams zufolge litt der Patient an einer Herzerkrankung im Endstadium. Die University of Maryland erklärte, die Transplantation des Schweineherzens sei die „einzige“ Behandlungsoption gewesen. Für eine herkömmliche Organtransplantation sei der Mann nicht zugelassen worden.

„Ich hatte die Wahl zu sterben, oder diese Transplantation vorzunehmen“, sagte der Patient David Bennett laut einer Erklärung der Universität vor der Operation vom Freitag (07.01.2022). Ich will leben. „Ich weiß, es ist ein Schuss ins Blaue, aber es ist meine letzte Wahl.“ Für den Eingriff hatte die US-Arzneimittelbehörde FDA eine Notfallzulassung erteilt. Bennett, welcher die letzten Monate bettlägerig an einer Herz-Lungen-Maschine verbracht hatte, fügte hinzu: „Ich freue mich darauf, nach meiner Genesung das Bett verlassen zu können.“

USA: Genmanipuliertes Schwein liefert Organe für Transplantation

Das Spenderschwein, von dem das Herz stammt, war genetisch verändert worden, um ein Gen zu eliminieren, das einen bestimmten Zucker bildet. Beim Patienten hätte dieser Zucker eine starke Immunreaktion ausgelöst, was zu einer Abstoßung des Organs geführt hätte. „Ausgeschaltet“ wurde auch ein Gen, welches zu übermäßigem Wachstum von Schweineherzgewebe geführt hätte. Um eine Abstoßung des Herzens durch Bennetts Körper zu verhindern, wurden insgesamt vier Schweinegene eliminiert und sechs menschliche Gene in das Genom des Schweins eingefügt.

Die im US-Bundesstaat Virginia ansässige Biotech-Firma Revivicor ist für die Genveränderung verantwortlich. Dieselbe Firma hatte bereits das Schwein geliefert, das bei einer bahnbrechenden Nierentransplantation an einem hirntoten Patienten im Oktober in New York verwendet wurde.

110.000 Menschen in den USA warten auf ein Spenderorgan

Während es sich bei diesem vorhergehenden Eingriff jedoch nur um ein Experiment zur Erprobung des Konzepts handelte und die Niere außerhalb des Körpers an den Blutkreislauf des Patienten angeschlossen wurde, soll der neue Eingriff künftig weitere Menschenleben retten. Vor der Implantation hatte die medizinischen Fachkräfte das Tierorgan in einer Konservierungsmaschine aufbewahrt. Beim Eingriff verwendeten sie außerdem ein neuartiges experimentelles Medikament zur Unterdrückung der Immunabwehr.

Derzeit waren allein in der USA rund 110.000 Menschen auf ein Spenderorgan. Jahr für Jahr sterben offiziellen Zahlen zufolge mehr als 6000 Menschen, bevor eine Transplantation vorgenommen werden konnte.

Mangel an Spenderorganen: Forschung setzt große Hoffnung in Xenotransplantation

Vor allem wegen des Mangels an menschlichen Spenderorganen* setzt die Forschung große Hoffnungen in die sogenannte Xenotransplantation – das Verpflanzen tierischer Organe. Herzklappen von Schweinen und Schweinehaut bei Verbrennungsopfern werden bereits verpflanzt.

Aufgrund ihrer Größe, ihres schnellen Wachstums und ihrer guten Züchtungseigenschaften gelten Schweine als ideale Spendertiere. Darüber hinaus sind sie gesellschaftlich als Spendertiere eher akzeptiert, da sie bereits zu Nahrungszwecken geschlachtet werden. (Jan Trieselmann/dpa, Lukas Zigo/afp) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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